In der Reihung der Schablonen und ihrer Zusammensetzung
zu neuen Objekten wird ein modulares Prinzip deutlich. Die nun entstandenen Objekte sind freilich
keine beliebig reproduzierbaren Teile, sondern bleiben Originale. Sie bleiben Individuen,
die sich aus ihrem Ursprung gelöst und ein eigenes Leben begonnen haben.
Eberhard Freudenreich bezeichnet seine Skulpturen sehr zutreffend als „dreidimensionale
Schnittformen”.
Er bleibt aber auch der eher reliefartigen Komposition treu, indem er zum Beispiel Schnittblätter
hintereinander anordnet. Bei einigen Arbeiten lassen sie sich sogar gegeneinander verschieben,
sodass verschiedene Raumwirkungen erzielt werden können.
Wer sich vor diesem Hintergrund in die Ausstellung vertieft, wird menschliche Grundgegebenheiten entdecken. So zum Beispiel die Freude am Spiel, die Lust an der Erfindung immer neuer Formen. Und vor allem die Tatsache, dass das Leben ein Prozess der Individualisierung, der Verständigung und der Kommunikation ist. Eins lebt mit dem anderen auf dem Weg zum eigenen Ich. Der Mensch verlässt den heimatlichen Ursprung, um eine eigene individuelle Heimat zu finden und zu gestalten. Solche Heimaten spiegeln die flachen Wand-Objekte einerseits und die hängenden Objekte andererseits - und zwar in beidem: in ihrer Verschiedenheit wie in ihrer Verwandtschaft.
Das Bindeglied ist das einzelne Modul, das einmal als negative und einmal als positive Form begegnet.
Die Bildlogik ist eine Lebenslogik. Das Leben ist zwischen Gegensätzen ausgespannt;
in ihrem Kräftefeld entwickelt es sich.
Durch die Anordnung weniger polarer Grundelemente entsteht im Raum ein neues System.
Dieses System ist komplex. Doch weil es nicht aus bunt zusammengewürfelten Teilen besteht,
sondern auf wenige Grundelemente reduziert ist, wirkt es nicht chaotisch,
sondern es zeigt eine innere und äußere Ordnung.
Manchmal genügt tatsächlich sehr wenig, um viel zu sagen.
Ich gestatte mir an dieser Stelle eine kleine Reminiszenz an Zeiten, als das
bescheidene Darstellen mit einfachen Mitteln Wirkungen entfaltete,
die heutiger Darstellungsperfektion in mancher Beziehung überlegen waren.
Als Beispiel sei der Scherenschnitt erwähnt, der zur Volkskunst wurde
und noch heute da und dort gepflegt wird. Eine reine Schwarz-Weiß-Technik,
lediglich auf Konturen beschränkt und dennoch imstande, komplexe Sachverhalte zu illustrieren.
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